Panorama

Dramatische Lage in Kliniken In Thüringen sterben Warteliste-Patienten

Was es bedeutet, planbare Operationen angesichts der hohen Zahl an Covid-Patienten aufzuschieben, zeigt sich bereits in Thüringen. Patienten, die etwa an Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden, müssen auf lebensrettende Eingriffe warten. Einige sind deswegen bereits gestorben.

Die Situation auf den Intensivstationen im Hochinzidenzland Thüringen bleibt sehr angespannt. Planbare Operationen von Patienten etwa mit Krebs- oder Herzklappen-Erkrankungen würden aufgeschoben, sagte der Intensivkoordinator des Landes, Michael Bauer. "Für die bedeutet das unter Umständen den Tod auf der Warteliste oder eine wesentlich schlechtere Prognose." Einige seien bereits gestorben.

"In dem Moment, wo ich als Arzt priorisiere und sage, jemand muss auf die Warteliste, mache ich natürlich eine milde Form einer Triage", sagte er weiter. Meistens gehe das gut, aber nicht immer. Es sei bei Krebs auch die Frage, wie viele Menschen dadurch aus einem noch heilbaren Stadium in ein Stadium kommen, wo sie etliche Lebensjahre einbüßten. "Wir kommen jetzt schon in Bereiche, in denen wir Medizin machen, die wir eigentlich nicht machen wollen." Das nähmen die Leute in Kauf, die die Realität hartnäckig leugneten, sagte er mit Blick auf den großen Anteil ungeimpfter Corona-Patienten auf den Intensivstationen.

Aktuell liegen in Thüringen laut Bauer rund 217 Corona-Patienten auf den Intensivstationen. Am Universitätsklinikum Jena, wo Bauer die Klinik für Intensivmedizin leitet, sind seit Wochen keine Betten mehr frei. Aktuell werde der "beste Patient", egal ob mit oder ohne Covid-19, von der Station verlegt, wenn etwa ein Unfallopfer komme und ein neues Bett gebraucht werde. Aus der Situation werde man nur mit mehr Impfungen und Kontaktbeschränkungen kommen. Die Verlegungen in andere Bundesländer würden weitergehen.

Angesichts der teils dramatischen Lage in den Kliniken fordern Deutschlands Intensivmediziner von der Politik sofortige bundeseinheitliche Maßnahmen zur größtmöglichen Kontaktbeschränkung. "Das kann - wenn notwendig - auch ein zeitlich begrenzter Lockdown sein", erklärte die Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Als Grundlage hierfür müsse die epidemische Lage nationaler Tragweite als Gesetz reaktiviert werden, um bundeseinheitliche Maßnahmen schnell durchsetzen zu können.

Bis Weihnachten 6000 Covid-Intensivpatienten erwartet

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Um die Kliniken vor dem Kollaps zu bewahren, müssten - wenn medizinisch vertretbar - umgehend alle bundesweit nicht dringend medizinisch notwendigen Eingriffe und Behandlungen verschoben werden. Das Personal müsse in die Intensiv- und Notfallbereiche umgesetzt werden. Die Lage in der Corona-Pandemie sei noch nie so bedrohlich wie im Moment gewesen. "Schon vor Weihnachten werden wir mehr als 6000 Patienten mit Covid-19 auf den Intensivstationen behandeln müssen", teilte DIVI mit. Damit werde das bisherige Allzeithoch des vergangenen Jahres "mit Sicherheit deutlich überschritten". Allein in der vergangenen Woche seien mehr als 2300 intensivpflichtige Patientinnen und Patienten neu aufgenommen worden.

DIVI-Präsident Gernot Marx sagte im ZDF-"Morgenmagazin", auch mit Blick auf die bereits erforderlich gewordenen bundesweiten Verlegungen von Patientinnen und Patienten: "Wir sind hier in einer besonders bedrohlichen Situation." Es seien nicht mehr viele Betten frei. Bei den intensivmedizinisch betreuten Corona-Patienten machten die Ungeimpften "immer noch eine deutliche Mehrheit" aus. Die Intensivmediziner fordern, dass pro Tag "mindestens eine Million Impfungen und Booster-Impfungen" verabreicht werden. Außerdem müsse die Impfpflicht für alle Erwachsenen umgesetzt werden, "um eine sehr wahrscheinliche fünfte und sechste Welle verhindern zu können".

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP

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